Kalabrien ist dort wo die Kalabresen sind.
Die Ausstellung
Il Mercante in Fiera Calabrese hat ein wanderndes Gemüt, liebt es zu wissen und Wissen zu verbreiten. Auf Bestellung, von öffentlichen Verwaltungen oder Privatpersonen sorgt er für die Organisation von Events, mit der gesamten Serie der 40 Illustrationen in der Riesenversion, komplettiert durch Kunst Kuration und Kommunikation. Es ist das Ziel die Kultur eines Landes, das in seiner tausendjährigen Geschichte, die fruchtbarsten Kontaminationen kennen gelernt hat, in die ganze Welt zu bringen. Genauso wie die Wellen dieses Meeres, uns so sehr verbunden, ist der Markthändler in ständiger Bewegung!
Das Video wurde anlässlich der Ausstellung „Il Mercante in Fiera Calabrese di Luca Viapiana“ auf der Einweihungsfeier des gleichnamigen Projekts und der ersten Etappe einer langen Reise von Stefano Morelli gedreht. Regie von Marco Scarpino. In der Ausstellung konnte man die Skulptur mit dem Titel „Calabria“ besichtigen, die von dem Meister Saverio Rotundo, „U Ciaciu“ genannt, zwischen den 70er und 80er Jahren realisiert wurde.
ES BLEIBT EIN VORWAND
Kritischer Text von Stefano Morelli
Luca Viapiana ist bereits seit vielen Jahren voll und ganz auf seine Studie über die Stadt Catanzaro konzentriert, vollbringt eine einzigartige, alleinstehende Forschung und entwickelt eine analytische Herangehensweise bei den materiellen und geistigen Beschreibungen.
Maler, Illustrator und Regisseur, in Catanzaro 1977 geboren und hat seit 2002 eine Tetraplegie, Luca beschreibt in seinen Werken eine erwartungsvolle verbleibende Welt, schwebend in seiner objektiven und individuellen Existenzweise.
Ob es die intensiven Gemälde der gesammelten Kassenzettel sind, die er mit hartnäckigem Vorstellungsvermögen realisiert, oder die evokativen Anagrammplakate, oder die Kartenserie, in der er die emotive Geografie seines Territoriums beschreibt; in all seinen Werken scheint Luca den Augenblick bevor etwas geschieht, herauszukristallisieren.
Es ist eine Freude, die noch explodieren muss, es ist eine Erwartung, die noch enden muss, ein Treffen der noch stattfinden muss, es ist die Entdeckung eines neuen Werkes, undefiniert und unvollendet.
Schon im Jahre 2014 nach jahrelanger intensiver Studie schenkt er der Hauptstadt der Region die erste erstaunliche Serie von Illustrationen, mit der er durch Katalogisierung die Eigentümlichkeiten der Landschaft und der Anthropologie beschreibt, und stellt somit die Identität von jedem Bürger aus Catanzaro dar.
Man lief von der auffälligen Minnuta (Rießenbrüstige), die unschuldig und provokativ im roten Kleid auf den Straßen des Zentrums von Catanzaro vorangeht und die Blicke der taktlosen Passanten auf sich zieht, zum glühenden Landschaftsbild der Brücke Morandi, die den Himmel schneidet und die Hügel verbindet.
„Il Mercante in Fiera Catanzarese“, von Dal Negro realisiert und von Zatita Production hergestellt, enthält vierzig Abbildungen, besser gesagt Visionen, gesammelt in einem Spielkartenkästchen.
Ein Unternehmen aus dem Jahre 2014, welches Viapiana heute neu belebt. Er erhöht den Einsatz, wie in einer Wette, genauso wie es in dem berühmten Kartenspiel gemacht wird, in dem er nicht mehr das abgeschlossene und definierte Abbild der Stadt dokumentiert, sondern sich mit der umfangreichen, fragmentierten Identität der Region durch das Spiel „Il Mercante in Fiera Calabrese“ befasst.
Luca macht das mit dem Wesensgeist des Poeten und des Wissenschaftlers, durch Vivisektion unserer Region, in dem er zuordnet, sortiert, zusammenstellt und träumt, auf der Suche nach dem, was uns näherbringt, in einem Territorium so weit weg, vor allem von sich selbst, um uns nicht mehr als einzelne Person, sondern als Volk wiederzuerkennen. Es ist eine Überlegung über die Identität, eine Identität die wahrscheinlich nicht existiert, besser nie existierte.
Somit begibt man sich durch das Herausziehen der Spielkarten auf eine Reise, die erst einmal in unserem Inneren stattfindet, und auf der wir verschiedene Begegnungen machen. Wir treffen Symbole, Persönlichkeiten und Traditionen, die alle gemeinsam die Einzigartigkeit Kalabriens ausmachen.
Jedoch ist nichts beendet, nichts definiert, wie in einem System des chinesischen Kistentricks ruft jedes Thema durch exponentieller Unbestimmtheit ein anderes auf, die die Vielfalt zurückgibt, wie in einer oft ungebundenen und bekämpften Region, die ihren eigenen Reichtum ignoriert.
Meistens von einer fotografischen Basis ausgehend, für die er komplexe Bühnenbilder und Drehorte gestaltet, erstellt Luca anschließend einen Bozzetto (skizzenhaftes Modell) mit chinesischer Tusche und arbeitet folglich an einem Grafiktablet, welches im Gegensatz zum „Mercante Catanzarese“ mit einer verdreifachten Farbpalette bereichert ist; es ermöglicht ihm durch Leichtigkeit und kreativer Freiheit mit den Tiefen zu spielen.
Die neuen sauren Töne der Farben Violett und des Grüns, die den säuerlichen Duft der Zwiebel darstellen, und die kecke Eleganz von Gianni Versace der uns melancholisch aus seiner Villa in Miami Beach anschaut, sagen uns, dass Kalabrien dort ist wo die Kalabresen sind.
Im Gegensatz zur vorherigen Serie wirkt die Abbildung durch das aufgelockerte Umfeld ikonisch, aber nicht statisch, und behält trotz des Zusammenbringens mit der Neobyzantinischen Tradition der regionalen Geschichte, gleichzeitig eine Leichtigkeit des Pops die nicht zu leugnen ist.
Wir bemerken Mängel und es ist bei jeder Zusammenfassung unmöglich, die Lücken nicht hervorzubringen, wie zum Beispiel die Lakritze oder den Käse, sicherlich wichtige Bestandteile, die aber auf der Suche nach dem Gleichgewicht zwischen geografische Standortverlagerung und Auswahl, zum Opfer fallen.
Es fehlt Mia Martini, ihr wurde die krachende Schwester Loredana Bertè vorgezogen, La Regina (die Königin), in einer provokativen Pose mit nacktem Busen abgebildet, inspiriert aus ihrem Titelbild von dem Magazin Playboy. Auf dem Hintergrund ein uns zukehrender Rücken der unermüdlichen Bagnarota (die Frau aus Bagnara), eine mythische Figur die durch den Transport des Schwertfisches und anderen Materialien im Stande ist, auf ihren Rücken diese Last und die der gesamten Gemeinschaft zu tragen; es beschreibt eine innewohnende Dualität aus der Region, in der Tradition und Revolution zusammenleben ohne sich anzuschauen.
Anschließend die Windkraftanlage, ein neues Element, welches die Zukunft der Landschaft zeichnen wird, man weiß nicht ob als Verschrammung oder verspieltes Totem. Auf alle Fälle wird gehofft, dass die Podolica-Kuh weiterhin, unbekümmert darunter weidet.
Während wir reisen, fragen wir uns weiter: „Welche ist die Identität unseres Landes?
Existiert eine gemeinsame Beschaffenheit des Landes, ein Vorstellungssystem, Traditionen und Ideen, in denen wir uns wiedererkennen zur Gründung unseres Seins?
Luca regelt nicht die Angelegenheit, doch mit dem Vorwand des Kartenstoßes erreicht er Vorstellungen die wie Erinnerungen aus einem Traum sind.